Das Museum
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Moderne Seit dem Biedermeier bestimmt das Klavierspiel die bürgerliche Musikkultur. Dies brachte nicht nur die Notwendigkeit der Anschaffung der kostspieligen Instrumente mit sich, sondern auch die Verpflichtung, dieses Spiel auf den schwarzen und weissen Tasten zu erlernen bzw. zu beherrschen. Wie wir kritischen Zeitgenossen glauben dürfen, grassierte beispielsweise in Wien eine förmliche Pianomanie, wenn wir etwa in der Zeitschrift „Die Warte an der Donau“ vom 27. September 1838 lesen können: Früher glaubte man noch an die Ruhe des Landlebens, es war eine schöne, idyllische Zeit, wo diese Guillotine der Ohren, dieses Pianoforte mit verstimmten Saiten noch nicht über das Weichbild der Städte hinausgedrungen war, wo die Amtsmann-, Pfarrers- und Schullehrerstöchter noch nichts von Strauß, Moscheles und Bellini, und so vielen andern nichts wussten, wo nur noch einfache Lieder „ohne Clavierbegleitung“ ertönten. Für weniger musische Zeitgenossen konnte allerdings dieses Erlernen des Klavierspiels zur Tortur werden. Hier sorgten besondere Musikautomaten für Abhilfe: Einen großen Bekanntheitsgrad genossen die selbstspielenden Klaviere, mit denen die Freiburger Firma Welte bis heute in Verbindung gebracht wird. Das 1904 erstmals vorgestellte Klavier aus dieser Fabrik mit seinem patentierten Welte-Mignon-System ermöglichte das Spiel großer Pianisten originalgetreu in eine Notenrolle zu stanzen, womit eine ziemlich authentische Wiedergabe des Klavierspiels prominenter Musiker wie Pietro Mascagni oder Richard Strauss garantiert werden konnte – gleichsam ein erster „Live-Klang“ namhafter Komponisten, die sich nun in den Aufnahmestudios pneumatischer Reproduktionsklaviere einfanden, um diese frühe Konservierungsmöglichkeit von Klängen zu nutzten. Die 20er Jahre bereiteten diesem Aufschwung einen jähen Abbruch: Zum einen brachte die Weltwirtschaftskrise eine ziemlich schmerzliche Ernüchterung, zum anderen traten nun auch technische Innovation als ernstzunehmende Konkurrenz auf - vor allem im Phonograph, Grammophon und schließlich im Plattenspieler und Radio. Mit dem Aufkommen der ersten elektrischen Röhrenverstärker und Lautsprecher ab 1927 war selbst das Abspielen von einem kleinen Grammophon in fast jeder gewünschten Lautstärke möglich. Mit dieser akustischen Verstärkermöglichkeit trat nun auch das anfänglich von kommerziellen Privatsendern betriebene Radio Mitte der 20er Jahre auf den Plan und entthronte die bis dahin im Umlauf befindlichen mechanischen Musikautomaten. Im Schatten der Entwicklung rund um das Grammophon etablierte sich das Radio zu einem bedeutenden Unterhaltungsmedium. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die technischen Grundlagen des auf den drei Komponenten Tonaufnahme, Übertragung und Empfang basierenden Hörfunk geschaffen: Edison steuerte mit seinem noch rein mechanisch arbeitenden Tonaufzeichnungsverfahren, dem 1877 vorgestellten Zinnfolienphonographen, den entscheidenden Impuls für die Tonaufnahme bei. Die Erfindung des magnetischen Telefons, für deren Entwicklung mehrere parallele Erfinder verantwortlich zeichnen (Alexander Graham Bell lieferte die weitestgehenden Ideen 1876), lieferte die Grundlagen für die Übermittlungstechnik des Radios: Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz im Jahr 1886 machte sich Guglielmo Marconi zunutze und übertrug diese Idee auf die Übertragung telegrafischer Nachrichten. Ihm gelang 1897 erstmals die drahtlose Übertragung – wenn auch nur über eine kurze Distanz (5 Kilometer). Aber schon 1901 konnte er über den Atlantik funken. Die aus dieser Technik gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten die für das Radio bedeutende Entwicklung des Röhrensenders (Patent 1913). Für den Empfang sollte Nikola Tesla Ende des 19. Jahrhunderts die entscheidenden technischen Lösungen vorbereiteten. Leider vernichtete ein Feuer 1895 seine fertige Radioanlage. Da Guglielmo Marconi schließlich seine Systeme erstmals großflächig einsetzte, sicherte ihm dies in vielen Geschichtsbüchern den Ruf des Radiotechnik-Erfinders. Ungefähr zur gleichen Zeit entwickelte Alexander Popow das Radio: Ihm gelang 1896 die Übermittlung des Namens „Heinrich Hertz“ an eine 250 Meter entfernte Empfangsstation. In den USA gasb es ab 1915 die ersten Pläne für regelmäßig ausgestrahlte Rundfunkprogramme, 1920 nahm dann in Pittsburgh (USA) die erste kommerzielle Radiostation ihren regelmäßigen betrieb auf, am 22. Dezember 1920 folgte in Deutschland die erste Rundfunkübertragung (am Programm stand ein Instrumentalkonzert), ab 1923 wurden auf deutschen Sendern neben Unterhaltungsprogramme auch erstmals Nachrichten ausgestrahlt. Am 1. Oktober 1924 strahlt auch in Österreich die Radio Verkehrs AG (RAVAG) ihre erste Radiosendung aus und markiert damit die Geburtsstunde des Österreichischen Rundfunks. Gesendet wurde von einem provisorischen Studio am Wiener Stubenring. Die eminent politische Bedeutung dieses Mediums wurde rasch erkannt: So wurden am 25. Juli 1934 die einstigen Sendeanlagen in der Wiener Johannesgasse von nationalsozialistischen Putschisten besetzt und eine Erklärung, dass Bundeskanzler Engelbert Dollfuß zurückgetreten sei, verlesen. Bereits 1938 wurde die RAVAG liquidiert und der deutschen Reichsrundfunkgesellschaft als Reichssender Wien unterstellt. Das Regime funktionierte den zuvor unpolitischen und überparteilichen Rundfunk zum wichtigsten Propagandainstrument der Nationalsozialisten um. Um eine flächendeckende Versorgung mit Radios (und damit auch Propagandamedium) sicherzustellen, wurde ein preiswertes Empfangsgerät, der Volksempfänger VE 301, in Massenanfertigung produziert (die Typenbezeichnung V 301 sollte an das Datum der nationalsozialistischen Machtergreifung erinnern). Eine kleinere Variante, der Deutsche Kleinempfänger (KE 1938) erhielt im Volksmund auch die Bezeichnung „Goebbels-Schnauze“. Das Abhören ausländischer Sender („Feindsender“) stand hingegen unter strengster Strafe. Nach dem Kriegsende 1945 wurden in jeder österreichischen Besatzungszone eigene Programme gesendet. Im Jahr 1958 entstand schließlich die Österreichische Rundfunk Ges. m. b. H. Bis zum Aufkommen des Fernsehens stand die Bezeichnung „Rundfunk“ für Hörfunk. Mit diesem Medium konnte nun flächendeckend Musik durch den Äther geschickt werden, wobei die Schallplattenindustrie eng mit diesem Medium verbunden blieb: Das Radio sorgte für die Bewerbung von Schallplatten, Interpreten, neue Klänge und Tänze erfuhren ihrerseits durch diese Schallplatten größte Publizität und bewarben so untereinander. Der Schlager sollte neben instrumentaler Tanzmusik, die durch populäre amerikanische Gattungen wie Charleston, Shimmy oder Foxtrott eine markante Internationalisierung erfuhr, in den ersten Jahrzehnten die Musikschiene des neuen Mediums Radio bestimmen. Die Weltwirtschaftskrise brachte hier eine deutliche Zensur: Tanzlokale schlossen, der Schallplattenverkauf ging zurück, bedeutende Musiker suchten im Ausland ihr Glück, Tanzorchester lösten sich auf. Klassische Musik, Märsche und Volkslieder prägten dann seit den 30er Jahren das Radio-Programm des Tausendjährigen Reichs – bei gleichzeitiger Ausmerzung diffamierter Musikgattungen wie Jazz und (nicht arischer) Interpreten. Als der Tonfilm aufkam, gesellte sich die Filmmusik zu dieser Programmvielfalt, die nun auch zur weiteren Globalisierung des Angebotes führte. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs setzte eine Sendervielfalt ein, die sich zunehmend nach speziellen Hörerwünschen bzw. Hörergruppen orientierte und die Ausbildung von sog. Jugendsendern, Kultursendern, Infokanälen und dergleichen führte, die heute die regional vielfältige Radiolandschaft landauf, landab prägen. |
Die Geschichte
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