Zwischen Ringelspiel und Weihrauch - Panoptikum der Klangmaschinen
Bekanntheit erreichten die mechanischen Musikautomaten nicht nur in den Salons oder Wirtshäusern, sondern auch auf öffentlichen Plätzen - ob Markt- oder Rummelplatz. Hier gastierten gegen Ende des 19. Jahrhunderts die unterschiedlichsten „Musikmaschinisten”, die hier einer staunenden und vergnügungssüchtigen Menge die technischen und musikalischen Möglichkeiten ihrer selbstspielenden Instrumente vorführten, welche im Zuge der Industrialisierung in der Folge auch preisgünstiger und somit auch für jedermann erschwinglicher wurden. So erlebte die bereits um 1700 entstandene Handdrehorgel in dem zur klangstarken Karussell- und Tanzorgel ausgebauten Musikautomaten größten Zulauf. Dass diese fallweise sogar für „himmlische Klänge” im wahrsten Sinne des Wortes sorgten, beweist ein Unikum der Mechanischen Klangfabrik: Eine funktionstüchtige Prozessionsorgel, die bei kirchlichen Prozessionen - etwa am Fest von Fronleichnam - den Umgang musikalisch rahmte.
Radio - Das Ende der Automaten
Im Schatten der Entwicklung rund um das Grammophon etablierte sich das Radio zu einem bedeutenden Unterhaltungsmedium. Im 19. Jahrhundert wurden die technischen Grundlagen des Hörfunks geschaffen, der auf drei Komponenten basiert: Tonaufnahme, Übertragung und Empfang. Edison steuerte mit seinem noch rein mechanisch arbeitenden Tonaufzeichnungsverfahren (Zinnfolienphonograph 1877) den entscheidenden Impuls für die Tonaufnahme bei. Die Erfindung des magnetischen Telefons, für dessen Entwicklung mehrere parallele Erfinder verantwortlich zeichnen, lieferte die Grundlagen für die Übermittlungstechnik des Radios: Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz im Jahr 1886 machte sich Guglielmo Marconi zunutze und übertrug diese Idee auf die Übertragung telegrafischer Nachrichten. Ihm gelang 1897 erstmals die drahtlose Übertragung über eine kurze Distanz (5 km). Aber schon 1901 konnte er über den Atlantik funken. Die aus dieser Technik gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten die für das Radio bedeutende Entwicklung des Röhrensenders (Patent 1913). In den USA gab es ab 1915 die ersten Pläne für regelmäßig ausgestrahlte Rundfunkprogramme, 1920 nahm dann in Pittsburgh (USA) die erste kommerzielle Radiostation ihren regelmäßigen Betrieb auf, am 1.10.1924 strahlte auch in Österreich die Radio Verkehrs AG (RAVAG) ihre erste Radiosendung aus und markierte damit die Geburtsstunde des Österreichischen Rundfunks. Gleichzeitig entzog diese Erfindung den mechanischen Musikautomaten mit einem Schlag ihre eigentliche Existenzberechtigung.
Akustisches Archiv
Mit dem neuen Medium Radio konnte nun flächendeckend Musik durch den Äther geschickt werden, wobei die Schallplattenindustrie eng mit diesem Medium verbunden blieb: Das Radio sorgte für die Bewerbung von Schallplatten. Interpreten, neue Klänge und Tänze erfuhren ihrerseits durch diese Schallplatten größte Publizität und sorgten so auch gegenseitig für die nötige Werbung. Der Schlager sollte neben instrumentaler Tanzmusik, die durch populäre amerikanische Gattungen wie Charleston, Shimmy oder Foxtrott eine markante Internationalisierung erfuhr, in den ersten Jahrzehnten die Musikschiene des neuen Mediums Radio bestimmen. Die Weltwirtschaftskrise brachte hier eine deutliche Zensur: Tanzlokale schlossen, der Schallplatten-verkauf ging zurück, bedeutende Musiker suchten im Ausland ihr Glück, Tanzorchester lösten sich auf. Klassische Musik, Märsche und Volkslieder prägten dann seit den 30er Jahren das Radio-Programm des „Tausend-jährigen Reich” - bei gleich-zeitiger Ausmerzung diffamierter Musikgattungen wie Jazz und nicht arischer Interpreten. Als der Tonfilm aufkam, gesellte sich die Filmmusik zur Gebrauchsmusik. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte neben der Globalisierung des Musikangebots auch eine Sendervielfalt ein, die nun auch zur weiteren Globalisierung des Angebotes führte. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs setzte eine Sender-vielfalt ein, die sich zunehmend nach speziellen Hörergruppen orientierte und so die Ausbildung von Spartenkanälen begünstigte. Nostalgische Sehnsucht und diverse Retro-Bewegungen haben in den letzten Jahrzehnten nicht nur zur Wiederentdeckung des Charmes alter Melodien und Schlager, sondern im Schatten dieser Entwicklung auch der Abspieltechnologien von damals geführt.
"Hier ist der östereichische Rundfunk ...." - der langsame Abschied vom Musikautomaten